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Gehörlose sind für Kommunikation in der Regel auf die Deutsche Gebärdensprache angewiesen. Mit hörenden Kolleginnen und Kollegen sowie Vorgesetzten findet die Verständigung am effektivsten per Gebärdensprach-Dolmetscher statt. 

Für die Nutzung der Deutschen Gebärdensprache im Berufsleben und in der beruflichen Ausbildung müssen die notwendigen Fachbegriffe jeweils auch als Fachgebärden verfügbar sein. Dies ist die Hauptaufgabe des Projektes: Ein digitales berufliches Fachgebärdenlexikon, das am Ende über 11.000 Fachgebärden im Internet veröffentlichen wird, soll erstellt werden. Derzeit finden sich bereits fast 9.000 Gebärden unter www.sign4all.de

Es werden Fachgebärden für eine Vielzahl von Ausbildungsberufen und einige Industriebereiche bereitgestellt: Besonders umfängliche Sammlungen liegen vor für die Luftfahrtindustrie, demnächst aber auch für die Automobilindustrie sowie für die Bereiche Medizin, Zahnmedizin und Informationstechnologie. Anspruchsvolle Planungen und Vorbereitungen bestehen für weitere 12–14 Berufsfelder.

Wichtiges in Kürze zum Fachgebärdenlexikon Sign4All 

Das Projekt wird vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales in den Jahren 2021–2025 aus Mitteln des Ausgleichsfonds nach § 161 SGB IX gefördert. Es werden digitale Produkte für die Unterstützung der beruflichen Eingliederung gehörloser Menschen auf dem Arbeitsmarkt entwickelt. Wichtigstes Produkt ist ein berufliches Fachgebärdenlexikon (www.sign4all.de).  Sign4all erschließt mit seinem Angebot beruflicher Fachgebärden neue Arbeits- und Ausbildungsmöglichkeiten für gehörlose Menschen. Die Nutzung des Fachgebärdenlexikons wird in einem begleitenden Schulungsangebot und durch kleine digitale Tools, wie der Gebärdensuche und der Vokabeltrainer, umfassend unterstützt.

Tagungskloster Frauenberg
Tagungskloster Frauenberg in Fulda

 

Fachtagung des Projektes im Oktober 2024 im Tagungskloster Fulda 

Vom 8. bis 9. Oktober 2024 wird eine Fachtagung im Tagungskloster Frauenberg in Fulda stattfinden. Am 7. Oktober 2024 finden am gleichen Ort zusätzliche Workshops statt, unter anderem zum Sammeln von Fachgebärden der Elektromobilität. 

Anmeldungen sind noch möglich: Programm und Anmeldeformular

Schwerbehindertenvertreter unterstützen das Projekt in Großbetrieben. 

Das Projekt kooperiert zum Sammeln wichtiger Fachgebärden mit verschiedenen Großbetrieben, insbesondere mit Airbus Hamburg und mit den Mercedes-Benz- Werken in Düsseldorf und Rastatt. Mit den Geschäftsführern beziehungsweise Standortleitern wurden Kooperationsverträge abgeschlossen. Die praktische Umsetzung wird von den örtlichen Schwerbehindertenvertretungen und einem Teil der gehörlosen Mitarbeiter getragen. Sie sammeln die Gebärden auf Workshops und unterstützen die Produktion von Gebärdenvideos. Sie arbeiten zum Beispiel auch als Darsteller der Gebärden auf der Homepage mit.

Für alle drei Teams aus Mercedes-Benz und Airbus haben dreitägige Workshops stattgefunden, währenddessen Hunderte von Fachgebärden gesammelt und abgestimmt werden konnten. 

Insgesamt arbeiten auf diese Weise über 30 gehörlose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und fünf Schwerbehindertenvertretungen aus verschiedenen Unternehmen eng mit dem Projekt zusammen.

Enge Kooperation mit den Berufsbildungswerken

Die Berufsbildungswerke (BBW) haben den gesetzlichen Auftrag, für bestimmte behinderte Jugendliche eine Berufsausbildung zu gewährleisten. Seit einigen Jahren besteht auch die Möglichkeit der Ausbildung in Kooperation mit privaten Betrieben. In acht Berufsbildungswerken gibt es spezielle Angebote für gehörlose Jugendliche, in deren Rahmen gebärdensprachlicher Unterricht gewährleistet wird. Diese Berufsbildungswerke haben im Netz schon seit etwa 2010 ein Fachgebärdenlexikon für einen Teil ihrer Ausbildungsberufe bereitgestellt. 

Die BBW haben mit dem Projekt vereinbart, dass die Fachgebärden ihrer Ausbildungsberufe auch in das berufliche Fachgebärdenlexikon des Projektes integriert werden. Diese rund 1.500 Fachgebärden sind im Ausbildungsbetrieb sorgfältig gesammelt worden, wobei Gehörlose als zentrale Akteure einbezogen wurden. Gehörlosen kann so für ihren Ausbildungsberuf das gleiche Fachvokabular bereitgestellt werden wie hörenden Auszubildenden. 

Das hoch motivierte Team wird auch weiterhin mit den Großbetrieben und allen beteiligten Akteuren unermüdlich daran arbeiten, die hilfreichen Fachgebärden zu sammeln, zu sortieren und in das digitale Fachsystem einzufügen, sodass so viele gehörlose Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie möglich auf den angestrebten Fachgebieten, und mit Sicherheit darüber hinaus, so effektiv und kommunikativ wie möglich arbeiten können. Die Grenzen einer Einschränkung wie Gehörlosigkeit sind schließlich nur dann ein wahres Problem, wenn man keine Lösungen findet.

Zwischenmenschliche Kommunikation im Berufsleben ist der Grundstein eines jeden erfolgreichen Unternehmens, weshalb dieses Projekt alles dafür tun wird, um die Grenzen und Einschränkungen gehörloser Menschen im Berufsleben zu minimieren oder gar zu beseitigen.

Erschienen August 2024 in Unsere Zukunft

Homepages:
www.sign4all.de
https://digitale-unterstuetzung-gehoerloser-menschen.de

Das Schulungsangebot erbringt die Fortbildungsakademie der Wirtschaft (FAW):
www.faw.de/digitale-berufliche-eingliederung-gehoerloser-menschen

 

Britta Illmer ist die Gebärdensprachlinguistin des Projekts. Sie organisiert und bearbeitet Fachgebärden – in Abstimmung mit gehörlosen Kolleginnen und Kollegen – insbesondere für die Bereiche Medizin, Zahnmedizin, Altenpflege und weitere Berufsfelder. Rückfragen zum Projekt an sie über: b.illmer@sign4all.de

Porträt: Britta Illmer

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28195 Bremen